Prost
     

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von Einem der auszog, um sein Glück auf See zu finden

Zeitungsartikel aus dem

 

Thalwil: 2004

Thomi Weber führt ein außergewöhnliches Leben

Thomi Weber führte als Geschäftsmann mit dem bekannten «Elektro Weber» und einem schmucken Einfamilienhaus das Leben, das man als gutbürgerlich bezeichnen kann. Vor 8 Jahren aber verkaufte er sein Hab und Gut, lebt seither auf einem Segelschiff in der Karibik und bezeichnet sich trotzdem nicht als Aussteiger, sondern als Umsteiger. Für den Thalwiler Anzeiger schildert er seine Beweggründe und seine eindrücklichsten Reiseerlebnisse.

«Vor 5 Jahren, genauer Ende Juli 2000, bezog ich die Veleta in Porto Ercole (Italien). Sie ist ein Segelboot der Marke Kirie und wurde in Frankreich gebaut. Die 12.70 Meter lange und 4.20 Meter breite Yacht ist so ziemlich mit allem Sinnvollen bestückt, das ich brauche. Ganz ohne Schnickschnack, dafür sehr funktionell. Nun meine ersten Ziele waren: Mexiko, Cancun und Isla Mujeres. Hier wollte ich zusammen mit meiner damaligen Partnerin einen Segletreffpunkt auf die Beine stellen. Unsere Idee war genial und lautete: Vom Zwetschgentatschi, Espresso bis hin zu Internet-, Karten- und Büchertausch anzubieten. Außerdem planten wir Reiseleitungen zu den Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung anzubieten, sowie Schnorchel- und Tauchfahrten bis nach Kuba ins Programm aufzunehmen. Doch für die damalige Beziehung war die Reise vom Mittelmeer in die Karibik zu weit. Mit ihr zerbrachen auch meine Pläne. Oft werde ich gefragt, wie ich auf die Idee gekommen bin, diese andere Art des Lebens zu wählen. Segeln ist seit meiner Kindheit eine Leidenschaft von mir. Auf dem Zürichsee, anlässlich eines «Tages der offenen Türe» des Thalwiler Segelclubs, kam ich zum ersten Mal in Kontakt mit Jollen und kleinen Kabinenbooten. 1991 war ich dann das erste Mal auf dem Meer. Zusammen mit Freunden segelte ich von Malaga nach Genua. Es war ein reiner Männertörn, welcher mir den Sport, inklusive das Fahrtensegeln so nahe brachte, dass ich die Finger endgültig nicht mehr davon lassen konnte. Es zog mich immer wieder aufs Mittelmeer zurück. Ein Jahr nach dem entscheidenden Törn im Winter machte ich den B-Schein, die dazugehörigen Meilen im darauf folgenden Jahr. So konnte ich bald mal, erst mit erfahrenen Leuten, dann auch mit Freunden die ersten Yachten selber chartern und fahren. Es folgten die Scheine für den eingeschränkten Yacht-Funk und die Astronavigation. Davon, von der Astro, sind mir nur noch die Sternbilder geblieben, die Rechnerei habe ich vergessen und bedürften einer Auffrischung. Ein Sextant ist jedoch immer an Bord und betriebsbereit. Es gibt, so denke ich, einen Tag im Leben, an dem alles neu gemischt wird. Bei mir war das 1997 der Fall. Ich konnte mein Haus vermieten, mein Geschäft, Elektro Weber in Thalwil, meinem Bruder verkaufen und da auch die damalige Beziehung nicht ganz das Gelbe vom Ei war, reiste ich nach Mexiko. Erst mal für drei Monate. Ich kam mit der Idee ganz auszuwandern zurück. Nach wenigen Wochen brach ich die Zelte hier aber endgültig ab und kehrte nach Mexiko zurück. Ich bereiste das ganze Land, erlernte die Sprache und die Völkerkunde. Die Geschichten der Bauten der Olmeken, der Azteken, der Mayas. Dadurch lernte ich das Land lieben und

Freunde kennen. Das wichtigste aber, ich merkte, dass ich auch außerhalb der Schweiz leben kann. Schlussendlich beschloss ich das zu Anfang beschriebene Geschäft in zu Mexiko machen. Nach dem Scheitern dieses Traums wartete ich noch das Ende der Hurrikansaison ab, ließ mich in Thalwil in meiner ehemaligen Firma anstellen und arbeitete erstmal wieder mehr oder weniger wie gewohnt weiter. Soweit ist dieser Kreislauf also geschlossen.

Im Jahr 2000 segelte ich von Porto Ercole über die Ferienparadiese Elba, Korsika, Balearen, Spanisches Festland, Gibraltar, die Kanaren und schließlich über den Atlantik Richtung Karibik. Hier band ich die Veleta auf Isla Mujeres in Mexiko fest. Wieder war Hurrikanzeit und da macht es echt keinen Spaß mit dabei zu sein. Also kehrte ich ein weiteres Mal in die ehemalige Heimat zurück, um beim Bruder in meiner alten Firma wieder etwas zu stromern. Dabei schmiedete ich Pläne für die anstehende Saison. Ich bestellte Ersatzteile, verbesserte die Internetseite und akquirierte Kunden, die mitsegeln wollten. Und schon ging's in die Saison 2001/02. Damals begleitete mich eine attraktive und sehr nette Österreicherin, welche ich im Sommer über das Internet kennengelernt hatte. Silvia hatte Zeit, da sie arbeitslos war und sich von der Abgangsentschädigung der alten Firma etwas auf die Seite gelegt hatte. Wir fuhren die Mitsegler/innen, welche über die Webseite gebucht hatten, durch die Antillen. Zwischendurch kamen uns auch Freunde aus der Schweiz besuchen. In den Zeiten, wo nur Silvia und ich an Bord waren, durchsegelten wir die kleinen Antillen von Süden (Grenada) bis in den Norden (St. Martin). Das war etwas anders als mit den Besuchern. Wir hatten die Freiheit, an den schönen Orten länger zu bleiben und uns die Inseln besser an anzuschauen. Außerdem besuchten wir die etwas fernab des Tourismus gelegenen «anderen Buchten». Es war eine schöne, intensive Zeit. Im Mai 2002 trennten sich unsere Wege aber. Silvia kehrte nach Wien zurück und ich fuhr nach St. Martin auf die Werft. Auf dem Trockenen begannen dann die Revisionsarbeiten. Zum Glück erlernte ich einen handwerklichen Beruf, anders wird so ein Leben ohne ganz großen Geldbeutel kaum zu meistern sein. Schleifen, neue Leitungen verlegen, schleifen, spritzen, schleifen und Holz verlegen, schleifen und putzen, das sind so die Arbeiten, die anfallen. Klar, auch das Zwischenmenschliche kommt nicht zu kurz. Hier lernte ich sehr gute Freunde kennen. Sie unterscheiden sich sehr von dem, was man allzu häufig antrifft: abgewrackte Segler, die auf dem letzten Zack leben. Die sich nur von Bier ernähren und..., na ja die Weltpolitik und Tiefsinniges haben in ihrem Leben keinen Platz mehr. Meine Freunde sind anders. Wir berieten uns, halfen uns und besuchten uns einmal wöchentlich auf einem der Boote zu einem feinen Nachtessen. Es ist schön mit Seglern zusammen zu sein, die zugeben können, schon einmal richtig Angst an Bord gehabt zu haben, bei denen die Welle nicht größer, der Wind nicht stärker und so weiter ist. Essen ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Segelns. So biete ich auch immer wieder Gourmettörns an, koche 4-gängige Menüs auf den Atlantikreisen und auch sonst möglichst immer gut, frisch und gesund. Im November 2002 ging's dann wieder ins Wasser. Viele Reisen führten mich in zu den Jungfern Inseln und in die niederländischen Antillen. Im März, genauer Mitte März 2004 ging's dann wieder mal auf Langfahrt, wieder Richtung Europa. Es war kalt, war windig und nicht ganz so toll, denn es war zu früh in der Jahreszeit. Doch wir erreichten nach gut 26 Tagen Meer die Inselgruppe Azoren. Toll, einfach toll, mehr will ich dazu nicht sagen. Nach diversen Landausflügen fuhr ich solo nach Punta Delgada runter, um die neue Crew an Bord zu nehmen. Nach einem Auslaufen, welches wir nach 24 Stunden wieder

wegen Schlechtwetters abbrachen, verließen wir am 1. Mai die Azoren und erreichten nach sechs Tagen Gibraltar. Weiter nach Mallorca, einem der schönsten Segelreviere. Weil das Geschäft auf See aber nicht ganz zufriedenstellend verlief, besuchte ich meine Freunde in der Schweiz, Uschi Pfarrmaier mit ihrem Coiffeur-Salon in Thalwil und Beat Gisler mit dem Allround Kurier in Thalwil. Immer mal wieder da und dort, so verbrachte ich den Sommer 2004. Im Herbst hieß es dann ein weiteres Mal: Los die Leinen und wieder auf das Meer. Wieder Gibraltar, wieder, nein das war neu, Cadiz, Portugal, Madeira und dann Las Palmas. Wieder die ARC (Atlantik Rallye for Cruisers) nach St. Lucia. Wieder 14 Einkaufswagen voll mit Lebensmitteln und Getränken. Wieder das gute Essen, den beinahe täglich frischen Fisch, die Vögel, welche sich auf den Leinen und am Boden erholen, die Delfine die uns begleiten, die fantastischen Nächte, die Sonnenauf- und Untergänge. Das gute geruhsame Bordleben mit der Zeit zum Lesen, zum Chaten mit anderen Booten über die Kurzwelle und auch den UKW. So ein Boot kostet aber auch viel Geld. Kaum einer ist sich darüber bewusst. Doch der geplante Weihnachtstörn in der Karibik, war mein erstes großes Fiasko. Ich wurde durch eingeschleifte Bakterien krank. Die Gäste, also auch die Überbringer, hatten kein Verständnis und so fiel der Törn buchstäblich ins Wasser. Doch ich denke einmal passiert halt so etwas schon und es sind ja Ausnahmen. Auf alle Fälle waren die darauf folgenden Reisen wunderbar und auch für die Mitsegler/innen sehr erholsam, so jedenfalls das Feedback. Besonders schön war der Törn mit alten Thalwilern, Thomas und Chrigel Weber. Wir segelten in rasanter Fahrt wieder nach St. Maarten.
Im Moment bin ich wieder zu Besuch in Thalwil. Einige Lebensaufgaben, beispielsweise mein Haus zu verkaufen, sind noch zu lösen und dann... .....ich freue mich schon auf die nächste Saison, die im Februar 2006 startet. Auf den bisweilen rund 40'000 Seemeilen (1 Meile= 1.85km) habe ich viel gelernt, viel erfahren und auch Enttäuschungen und Rückschläge erlebt. Ich hatte Angebote auf Ibiza zu fahren, ein Boot von den Kanaren in die Karibik zu überführen, doch ich musste ablehnen, denn ich bin nicht mehr bereit auf nicht gepflegten, nicht mit den mindesten Sicherheiten ausgerüsteten Booten zu fahren. Versicherungen und Sicherheit, da sind wohl ganz wichtige Argumente, welche durch Freizeitkapitäne oft vernachlässigt werden. Überführungen sind ein gutes Business, doch wenn die Eigner die Boote nur für den Kommerz zurecht machen wollen, dann werden diese Fahrten gefährlich. Ich freue mich jedenfalls auf neue Herausforderungen, denn noch ist nicht klar, ob ich im Frühjahr 2006 wieder in die Schweiz komme oder nach Venezuela zum Tauchen, oder aber ins Mittelmeer fahre. Alle drei Varianten sind noch völlig offen und ich werde aus dem Bauch heraus entscheiden.

INTERVIEW:

Was zieht Sie immer wieder in die Ferne?

Zuerst mal ist zu sagen, dass ich sehr gerne in der Schweiz bin, in Thalwil wo ich geboren und aufgewachsen bin. Es ist auch hier schön und ich genieße es jedes Mal wieder durch das doch stark veränderte Ortszentrum zu spazieren oder auf dem Zürichsee zu segeln. Wunderbar ist es auch, in den vertrauen Restaurants wieder mal mit alten Freunden anzustoßen. Doch es gibt noch anderes, für mich zur Zeit Wichtigeres. Auch auf der Veleta ist arbeiten angesagt, oft sieben Tage die Woche und das sicher mehr als nur 81⁄2 Stunden pro Tag. Doch was der ganz große Unterschied ist, es scheint in der Karibik jeden Tag, vielleicht auch nur für wenige Stunden, die Sonne. und das sicher mehr als nur 81⁄2 Stunden pro Tag. Doch was der ganz große Unterschied ist, es scheint in der Karibik jeden Tag, vielleicht auch nur für wenige Stunden, die Sonne.

Beeinflusst Sie das?

Ja. Mein und das Leben der Menschen da. Sie sind lockerer, sind cooler drauf und, ja es ist eben anders, zu Beschreiben kaum möglich. Doch für mich stimmt es. Die Möglichkeit mich auf der halben Welt zu Hause zu fühlen, die Elemente Wasser, Wind und Welle hautnah zu spüren ist einzigartig. Auch die Entscheidungsfreiheit zu haben, sich frei nach dem Kopf zu bewegen. Mal ein Croissant auf einer der französischen Inseln, dann ein gutes Colombo auf einer englischen Insel zu mir zu nehmen. Mal an einem gedeckten Tisch, mal mit den Füßen im Sand zu speisen. Aber auch mal wieder hart am Boot zu arbeiten oder einfach nichts zu tun, zu chillen am Strand, oder in einer Seglerbar «Erfahrungen» auszutauschen, das ist für mich, das was ich mir, zumindest momentan, unter Leben vorstelle.

Haben Sie noch einen großen Wunsch?

Nicht einen. Mehrere. Ich hoffe auf noch viele solcher ereignisreicher Momente, Tage, Monate und Jahre. Dass ich noch viele Grenzen leben und sprengen kann. Und natürlich wünsche ich mir, so lange wie möglich gesund zu bleiben, frei im Kopf und frei in den Bewegungen sein zu können. Irgendwann ist der Landweg durch Zentral und Südamerika noch angesagt.

 

 
     
 
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